Greenpeace-Studie: Der wachsende Energiebedarf Künstlicher Intelligenz bedroht die Energiewende

Ausbau von KI‑Rechenzentren lässt CO₂‑Emissionen und Wasserverbrauch stark ansteigen

Eine im Auftrag von Greenpeace erstellte Untersuchung des Öko‑Instituts warnt davor, dass die rasch expandierende Infrastruktur für Künstliche Intelligenz (KI) die bisherigen Fortschritte der globalen Energiewende ausbremsen könnte. Aus der Studie geht hervor, dass der Strombedarf von Rechenzentren, die KI‑gestützte Dienste liefern, im Jahr 2030 um das Elffache über dem Niveau von 2023 liegen dürfte. Die damit verbundenen Treibhausgasemissionen steigen nach den Berechnungen von 29 Millionen t CO₂‑Äquivalenten (t CO₂e) im Jahr 2023 auf 166 Millionen t CO₂e. Ein wachsender Anteil erneuerbaren Stroms ist bereits eingerechnet – dennoch wird KI im Jahr 2030 voraussichtlich fast die Hälfte aller Rechenzentrums‑Emissionen weltweit verursachen.

Zwar haben sich große Technologiekonzerne wie Google, Amazon, Microsoft und Meta öffentlich auf Klimaneutralität bis 2030 festgelegt, ihre aktuellen Nachhaltigkeitsberichte weisen jedoch auf gegenteilige Trends hin. Jonathan Niesel, KI‑Experte bei Greenpeace, betont: „Ohne einen parallelen Ausbau erneuerbarer Energien verlängert der enorme KI‑Energieverbrauch die Abhängigkeit von fossilen Quellen und gefährdet so die Klimaziele. Unternehmen der KI‑Branche müssen den Ausbau grüner Erzeugung proportional zu ihrem Wachstum vorantreiben.“

Illustration eines großen KI-Rechenzentrums mit Windrädern, Solarpanels und Abgaswolken, die den Kontrast zwischen erneuerbarer Energie und CO₂-Emissionen zeigen, trockenes Erdreich im Vordergrund, symbolisiert hohen Energie- und Wasserverbrauch.
Ein KI-Rechenzentrum zwischen erneuerbaren Energien und fossilen Emissionen: Symbol für den wachsenden Energiehunger der künstlichen Intelligenz.

Erster umfassender ökologischer Blick auf den KI‑Boom

Unter dem Titel „Environmental Impacts of Artificial Intelligence“ werteten die Forschenden mehr als 95 Studien sowie die jüngsten Daten der Internationalen Energieagentur (IEA, April 2025) aus. Damit liegt erstmals ein ganzheitlicher Überblick über die Umweltfolgen Künstlicher Intelligenz vor. Berücksichtigt wurden neben Energie- und Emissionskennzahlen auch der Wasserverbrauch für Kühlung und der entstehende Elektroschrott.

Wasser- und Rohstoffbilanz verschlechtert sich deutlich

  • Der Kühlwasserbedarf von Rechenzentren vervierfacht sich laut Modellrechnungen von 175 Mrd. l (2023) auf 664 Mrd. l (2030).
  • KI‑Spezialrechenzentren benötigen pro Rechenleistung rund doppelt so viel Wasser wie konventionelle Anlagen.
  • Bis 2030 könnten bis zu 5 Mio. t zusätzlicher Elektroschrott anfallen.

Niesel ordnet ein: „KI kann ein wertvolles Werkzeug im Klimaschutz sein – vorausgesetzt, sie wird selbst klimafreundlich betrieben.“ Greenpeace fordert daher verbindliche Transparenzpflichten für den Ressourcenverbrauch von KI‑Systemen, Effizienzstandards und die konsequente Einbindung von Rechenzentren in erneuerbare Strom‑ und Wärmenetze, ohne dabei auf Atomenergie zurückzugreifen.

Laut Studie: Warum KI‑Rechenzentren noch mehr Wasser verbrauchen

Ergebnisse der Studie zur Kühlung von KI‑Rechenzentren

Die Studie weist darauf hin, dass GPUs, die in KI‑Rechenzentren zum Einsatz kommen, auf engstem Raum eine hohe Wärmedichte erzeugen. Während konventionelle Serverschränke bislang rund 20 kW Kühlleistung erfordern, müssen KI‑Racks bis zu 120 kW abführen; deshalb sei Flüssigkühlung unverzichtbar.

Um die Kühlflüssigkeit zu regenerieren, greifen Betreiber laut Analyse häufig auf Verdunstungssysteme zurück – dabei gehen im Durchschnitt etwa 0,6 l Wasser pro kWh elektrischer Energie verloren. Bei einer Rechenanlage mit 100 MW Anschlussleistung entspricht das einem Jahresverbrauch von rund 500 000 m³ Wasser.

Die Autor*innen betonen, dass es ökologisch und ökonomisch sinnvoller wäre, die Abwärme in Nahwärmenetze einzuspeisen, statt Wasser zu verdampfen. Bislang werde diese Möglichkeit jedoch nur wenig genutzt.

Prognose: Energiebedarf könnte sich bis 2030 verelfachen

Bereits heute tragen Rechenzentren erheblich zum globalen Stromverbrauch bei. Die hohe Rechenintensität von KI – sowohl beim Training der Modelle als auch während des Betriebs – lässt diesen Bedarf exponentiell ansteigen. Prognosen gehen davon aus, dass der Stromhunger spezialisierter KI‑Zentren bis 2030 um den Faktor 11 wächst.

Jonathan Niesel warnt: „Wird dieser Mehrbedarf nicht vollständig aus erneuerbaren Quellen gedeckt, steigen die CO₂‑Emissionen unweigerlich an und verschärfen die Klimakrise. Hinzu kommt, dass immer leistungsfähigere KI‑Chips die Innovationszyklen verkürzen: Hardware veraltet rasch und wird zu Elektroschrott – der KI‑Anteil daran könnte 2030 bis zu acht Prozent betragen.“

Drohender Rückfall auf Atom‑ und Gaskraft

Greenpeace sieht einen „Rollback“ hin zu Atomenergie sowie fossilem Gas. Laut Niesel verfolgen Tech‑Unternehmen dabei keine irrationalen Ziele, sondern eine Wachstumslogik, die externe Umweltkosten ausblendet. Die Investition in riskante Energiequellen stelle ein „alarmierendes Zeichen“ dar und untergrabe die Glaubwürdigkeit der Konzerne.

Zahlen und Fakten aus der Studie

  • Stromverbrauch globaler Rechenzentren: 487 TWh (2023) → bis zu 1 766 TWh (2030)
  • Deutschland: Stromverbrauch von Rechenzentren 20 TWh (heute) → 38 TWh (2037) → 88 TWh (2045)
  • Leistungsdichte: von 20 kW/Rack (konventionell) → bis 120 kW/Rack (KI)
  • Regionale Hotspots: Virginia, Peking, Dublin, Frankfurt, Amsterdam

Greenpeace‑Forderungen

  1. 100 % erneuerbare Energien für alle KI‑Infrastrukturen – zusätzlicher Grünstrom muss gleichzeitig erzeugt werden.
  2. Transparente Kennzahlen zu Strom‑, Wasser‑ und Rohstoffverbräuchen; Nutzer*innen sollen den Energieeinsatz ihrer Abfragen kennen.
  3. Verantwortung in der Lieferkette: Hersteller müssen den Ausbau erneuerbarer Energien dort vorantreiben, wo ihre Hardware produziert wird, und negative Effekte auf die lokale Bevölkerung vermeiden.
  4. Effizienzlabels für Rechenzentren und KI‑Dienste sowie verpflichtende Abwärmenutzung.

Auswirkungen auf Netze und Versorgungssicherheit

Die Studie verdeutlicht, dass sich der Neubau neuer Rechenzentren auf bestimmte Regionen konzentriert. In Dublin machen Rechenzentren bereits mehr als 20 % des Stromverbrauchs aus, in Frankfurt und Amsterdam 30 – 40 %. Die Versorgungssicherheit gerät dort ebenso unter Druck wie die nationalen Klimaschutzziele.

Eine US‑Analyse, die auf 770 000 Sensoren des Unternehmens Whisker Labs basiert, zeigt zudem vermehrte Netzoberschwingungen im Umkreis großer KI‑Rechenzentren. Rund 3,7 Mio. Menschen leben in den am stärksten betroffenen Gebieten – mit potenziellen Risiken für Haushaltsgeräte und Netzstabilität.

Ausblick

Fachleute sind sich einig, dass die steigende Nachfrage nach KI‑Leistung einer konsequent nachhaltigen Infrastruktur bedarf. Ohne klare Regulierung und massive Investitionen in erneuerbare Energien droht der digitale Fortschritt, die Energiewende auszubremsen – anstatt sie zu unterstützen.

FAQ

Warum gefährdet der steigende Energiebedarf von KI die Energiewende?

Weil KI-Rechenzentren enorme Mengen Strom verbrauchen und so die Abhängigkeit von fossilen Energien verlängern, wenn nicht genügend erneuerbare Energie ausgebaut wird.

Wie stark steigen CO₂-Emissionen durch KI-Rechenzentren?

Die Studie schätzt, dass die Emissionen von 29 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten im Jahr 2023 auf 166 Millionen Tonnen im Jahr 2030 steigen.

Warum verbrauchen KI-Rechenzentren mehr Wasser?

Die hohe Leistungsdichte moderner KI-Chips erfordert Flüssigkühlung, die oft über Wasserverdampfung funktioniert. Das führt zu hohen Wasserverlusten.

Welche ökologischen Folgen hat der wachsende Elektroschrott?

Durch kurze Innovationszyklen veralten KI-Chips schnell. Das erzeugt bis 2030 bis zu 5 Millionen Tonnen zusätzlichen Elektroschrott.

Was fordert Greenpeace, um die Umweltauswirkungen zu begrenzen?

Greenpeace fordert Transparenz beim Energie- und Wasserverbrauch, Effizienzstandards für Rechenzentren sowie den vollständigen Betrieb mit zusätzlichem Ökostrom.

Wie hoch ist der prognostizierte Energiebedarf von Rechenzentren 2030?

Laut Studie könnte der globale Energiebedarf von Rechenzentren bis 2030 auf 1.766 TWh steigen, was etwa dem dreifachen Stromverbrauch Deutschlands 2023 entspricht.

Welche Regionen sind besonders betroffen?

Die größten Zuwächse an Rechenzentren gibt es in Regionen wie Virginia (USA), Peking, Dublin, Frankfurt und Amsterdam, was lokale Klimaziele gefährdet.

Wie kann Abwärme aus Rechenzentren besser genutzt werden?

Die Studie empfiehlt, die Abwärme von KI-Rechenzentren in Nahwärmenetze einzuspeisen, um Wasser- und Energieverluste zu vermeiden. Bisher geschieht das nur selten.