Trotz eines akuten und seit längerem bestehenden Fachkräftemangels in der Datacenter-Branche bleibt der Frauenanteil in diesem Sektor erschreckend niedrig. In dem Artikel „Data centers are short-staffed boys’ clubs“ von Jacqueline Davis auf datacenterdynamics.com wird diese Diskrepanz eingehend beleuchtet und auf die Ergebnisse der Uptime Institute Global Data Center Survey 2023 Bezug genommen.
Hartnäckige Personalprobleme und Geschlechterungleichheit
Das Hauptproblem, das Davis aufwirft, ist die zähe Personalnot, die Datacenter-Operations-Teams erleben, kombiniert mit einer verblüffenden Ignoranz gegenüber dem Potenzial weiblicher Fachkräfte. Trotz des anhaltenden Mangels an qualifizierten Mitarbeitern bleibt die Beschäftigungsrate von Frauen in den Betrieben, die an der Umfrage teilgenommen haben, durchschnittlich bei nur acht Prozent. Dies steht in krassem Gegensatz zu anderen traditionell männlich dominierten, physisch anspruchsvollen Branchen wie dem Bau, dem Bergbau und dem produzierenden Gewerbe, die höhere Frauenquoten aufweisen.
Absicht vs. Realität: Wo sind die Frauen in den Rechenzentren?
Obwohl es 2019 vielversprechende Absichten und sogar konkrete Pläne zur Einstellung von mehr Frauen gab, hat sich bis heute wenig geändert. Davis stellt daher die Frage, was mit den Anstrengungen und Investitionen passiert ist, die in die Rekrutierungsinitiativen für Frauen gesteckt wurden. Wurden sie vielleicht einfach fallen gelassen? Oder waren sie ineffektiv? Trotz der Ursachen bleibt die geschlechtsspezifische Kluft bestehen, und die Vorteile einer geschlechtsspezifischen Diversifizierung bleiben ungeklärt.
Die Diskrepanz zwischen dem Frauenanteil in Datacenter-Teams und in anderen Branchen kann nicht allein durch eine mutmaßliche Abneigung von Frauen gegenüber körperlicher Arbeit erklärt werden. Zahlen des US Bureau of Labor Statistics von 2021 zeigen beispielsweise, dass Frauen in den Sektoren Fertigung (29%), Bergbau (15%) und Bau (11%) stärker vertreten sind als in Datacentern.
Herausforderungen und Schritte in Richtung eines wandelnden Kultur- und Geschlechterbildes
Einige Forschungsergebnisse und Berichte deuten darauf hin, dass weibliche Arbeitskräfte sich trotz mitunter schwierigen Arbeitsbedingungen – darunter Isolation, sexuelle Belästigung und Bullying – dennoch in Sektoren wie dem Bausektor engagieren. Wenn also Frauen sich für derartige Arbeitsplätze entscheiden, trotz der anspruchsvollen Bedingungen, müssen andere Faktoren ihre Unterrepräsentation in Datacentern erklären können, über die mutmaßliche physische Arbeit hinaus.
Ein wesentlicher Faktor könnte die Sichtbarkeit von Karrierepfaden in den Datacenter-Operationen sein, insbesondere für Frauen. Der Mangel an weiblichen Vorbildern in der Branche könnte dazu führen, dass Frauen eine Karriere im Datacenter als wenig einladend oder sogar als unsicher empfinden. Eine fortlaufende, sich selbst aufrechterhaltende Spirale, die nur durchbrochen werden kann, wenn Ressourcen gezielt dafür eingesetzt werden, die Geschlechterkluft zu schließen.
Praktische Schritte in Richtung Diversität
Zukünftige Arbeitskräfte werden sich aus den Reihen von gegenwärtigen Studenten und Studentinnen an Universitäten und Fachschulen rekrutieren lassen. Einige Organisationen haben Bildungspartnerschaften und -programme ins Leben gerufen, um junge Menschen (oftmals schon im Schulalter) für eine Karriere in einem Rechenzentrum zu interessieren. Um mehr Mädchen und Frauen für diese Karrieren zu gewinnen, müssen bereits jetzt Anstrengungen unternommen werden, die zu einer stärkeren Geschlechterdiversität führen, wenn diese Schüler zu Jobsuchenden werden.
Außerdem suchen Datacenter nach Menschen, die ihre Karrieren wechseln möchten und bereits über teilweise anwendbare Fähigkeiten verfügen. Hier könnte eine Überarbeitung der Stellenanforderungen und eine Anpassung von Trainings- und Mentorenprogrammen dazu beitragen, den Übergang in eine Karriere im Datacenter zu erleichtern.
Davis‘ Artikel schließt mit einer klaren Botschaft: Um die Herausforderungen im Bereich der Personalgewinnung zu mindern, müssen Betreiber aus jedem verfügbaren Arbeitskräftepool schöpfen. Frauen und andere unterrepräsentierte Gruppen sind nicht ausreichend genutzte Ressourcen – und die Branche wird voraussichtlich nicht aus ihrer Personalnot herauskommen, bis es gelingt, auch sie für sich zu gewinnen. In Anbetracht der gegenwärtigen Personalherausforderungen und der Notwendigkeit, Diversität und Inklusion zu fördern, sind dies wichtige Denkanstöße für die Datacenter-Branche und auch darüber hinaus.